Titelbild

Lobiesching / Lověšicé

Nun kommen wir zum Verwaltungssitz des nördlichen Pfarrgebietes, der Ortschaft Lobiesching. Der Ort wurde wie alle anderen Weiler in der Umgebung bei der Siedlungswelle ab 1250 gegründet und taucht zum erstenmal 1379 im Urbar der Rosenberger unter dem Namen Loweschicz auf. In den folgenden Jahrhunderten änderte sich der Name nur marginal. 1686 wurde zum erstenmal Lobiesching in der gewohnten Schreibweise verwendet. In den tschechischen Dokumenten wird der Ort Lovesice genannt. Umgangssprachlich wurde Lobiesching wie Louwaschin ausgesprochen. Der Ort war auch der Gemeindesitz für die Weiler Ottau, Ruben und Schömern mit der Ziehensackmühle. Der zuständige Gerichtsbezirk war Krummau. Die niedrige Gerichtsbarkeit wechselte häufig zwischen Priethal, Pohlen und Hoschlowitz.

Alte Karte
Die alte Landkarte zeigt den Ort auf der rechten Moldauseite nördlich von Ottau und umgeben von Schömern (links), Stubau mit dem Dürnhof (oben), Ruben (rechts) und Ottau ganz unten. Das war zugleich der nördlichste Teil auf der rechten Moldauseite, der der Pfarrei Ottau zugeordnet war. Die weiteren nördlicheren Dörfer (Attes, Potzen, Allusch, Kaltenbirken usw.) gehörten zur Pfarrei Priethal bzw. ab 1937 teilweise nach Wettern.

Das Gemeindegebiet umfasste insgesamt 779 ha incl. der Weiler Ottau, Schömern und Ruben. Der Ort Lobiesching war ursprünglich ein reines Bauerndorf, das wie schon im vorigen Kapitel bei Stubau erwähnt, bei der Rodung und Gründung aus sechs Bauernhöfen bestand. Das kann man noch an den alten Landkarten (siehe rechts von 1826) sehen, in denen die Gemarkungen den ursprünglichen Höfen zugeordnet war. So hatte jeder Bauer an jedem Hang und in jeder Senke den gleich großen Streifen Land. Damit wurden wirtschaftliche Nachteile wie Trockenheit, Feuchtgebiete, Schatten usw. auf alle gleichverteilt. Das gilt für alle Höhendörfer, die in den Kolonisationswellen zwischen 1250 und 1400 auf den südlichen Böhmerwaldhöhen gegründet wurden.

Karte von Lobiesching

1946 wohnten in dem Runddorf 112 deutsche Einwohner in den 27 Häusern um den großen Dorfplatz mit den vier stattlichen Linden und der zentralen Marter, die 1991 vom ehemaligen Louwaschiner Josef Weinberger wieder hergerichtet wurde. Der Großteil der Einwohner arbeitete in der örtlichen Landwirtschaft, dort entweder im eigenen Familienbetrieb oder als Knecht oder Magd auf den großen Höfen. Außerdem gingen einige der Familienvorsteher in die Papierfabrik nach Wettern zum Arbeiten, da das Häuserl oder Kleinbauernsachl mit z. B. einer Kuh und einer Ziege und einigen Ar Fläche nicht ausreichte, um den Lebensunterhalt für die Familie zu erwirtschaften.
Durch den Gemeindesitz waren auch übergreifende Funktionen angesiedelt. So stand in der Dorfmitte am Dorf-/Löschteich das Feuerwehrgerätehaus mit der Feuerwehrlöschpumpe. Im Maschinenhaus lagerte die gemeindliche Dreschgarnitur, ein Breitdrescher mit Benzinmotor. Daneben war die Viehwaage, eine Kegelbahn und der Stall für den Gemeindestier angebaut. Der Ort hatte ein Gasthaus (Voitlwirt #21), einen Tischler (#4), einen Schuster (#9) und mit dem Bohmüller auch eine kleine Mühle. Die Burschengesellschaft der Lobieschinger Schwertburschen sorgte vor allem in der Faschingszeit für Geselligkeit mit einheimischen Musikgruppen, voran natürlich die Ottauer Blaskapelle unter der Leitung von Josef Sixtl aus Ebenau #4 von den Hofheisln.
Der Fußweg von Ottau (ca. 50 min.) nach Lobiesching ging entweder am Gasthaus Neue Welt vorbei nach Schömern, wo man dann rechts durch den Wald nach Lobiesching ging. Der Fahrweg nach Lobiesching führte von Ottau hinter der Kirche und dem Hotel Fara hinauf bis zur Kreuzung am Rubener Kreuz (ca. 15 min. bis hierher). Dieses Kreuz hatte 1921 Adalbert Eppinger, Bauer auf dem Schinka-Hof in Ruben zum Dank seiner Gesundung von einer schweren Krankheit gestiftet. Das drei Meter hohe massive Steinkreuz aus Granit wurde vom Rubener Johann Biebl und Sohn Josef und zweier Knechte vom Pfarrhof Ottau im Jahre 1921 aufgestellt. An diesen Rubener Kreuz, das 1995 durch Familie Eppinger restauriert wurde, gibt es eine Weggabelung. Im 90°-Winkel geht links der Fahrweg nach Lobiesching hinauf, halblinks ist ein ziemlich verwachsener Fußweg nach Lobiesching (ab hier ca. 35 min.) und etwas weiter rechts der Fußweg nach Ruben (ab hier ca. 50 min.). Beide Wege werden inzwischen im Winter-/Frühjahr manchmal für den Holztransport von den Höhen zu den Sammelplätzen benutzt. Geradeaus führt der ausgebaute Weg, der für die Holztransporte genutzt wird und inzwischen gut befahrbar ist mit einigen Schlenkern, um die Brücken über die Bäche zu treffen, bis hinauf nach Ruben und weiter nach Straßhäusl.

Luftbild von Lobiesching

Das Luftbild von 1952 hat HH. Gerald Warmuth, Pfarrer in Winnenden und aus Umlowitz abstammend, koloriert und soweit möglich mit den Hausnummern versehen. Es zeigt die riesige Agrarfläche ums Dorf herum und die mächtigen Höfe am Dorfplatz. Der Weg, der zur #20 führt (rechts oben), geht weiter nach Ruben. Der Weg nordwärts in der Bildmitte geht zum Dürnhof und nach Stubau. Und links in der Bildmitte geht es westwärts nach Schömern und zum Fahrweg nach Ottau bzw. zur heutigen Mülldeponie. Der Weg nach Süden führt durch die Stömnitzer und teilweise Moresdorfer Fluren über die Kreuzung am Schinka- oder Rubener Kreuz nach Ottau. Sogar auf dieser Aufnahme sieht man noch die Aufteilung der Fluren auf die sechs Urhöfe durch die horizontalen Hecken- und Buschreihen zwischen den einzelnen Abschnitten. Diese Heckenreihen sind später durch die intensive Bewirtschaftung der Kolchosen mit ihren schweren Traktoren und Geräten zum Großteil alle gerodet worden.

Die letzten Louwaschiner Besitzer der stolzen Höfe waren 1946:
Hausnummer 1: Fuchs Josef (Voitl), #2: Jobst Franz (Prechlig), #3: Hanslbauer Johann (Müzner), #4: Baier Franz (Tischler), #5: Schneider Josef (Sumerauer), #6: Ziehensack Josef (Schusterkasper), #7: Mühlbäck Josefa (Bachhäusl), #8: Tichatschek Maria (Bachmarie), #9: Peraus Klara (beim alten Schuster), #10: Jany Matthäus (Zettl), #11: Gubo Josef (beim alten Macha), #12: Klampfl Franz (Macha), #13:.Gubo Johann (Böhm) mit #14: Ausgedinghäusl von #13, #15: Urban Johann (Troger - war der letzte Bürgermeister von Lobiesching), #16: Maurer Josef (Klein-Troger), #17: Hirtenhaus der Gemeinde mit der Gebetsglocke, #18: Maurer Anton (Schneider Poldl), #19: Gubo Albert (Peraus), #20: Slabschi Franz (Berghäusl auf der halben Strecke nach Ruben), #21: Lausecker Wenzl (Voitlwirt), #22: Klampfl Ferdinand (Ferdl), #23: gehört zum Trogerhof #15, #24: Anderl Matthias, #25: Puritscher Martin, #28: Tichatschek Wenzl, #29: Hanslbauer Simon, #30: Gubo Katharina.

Die Häuser mit den Hausnummern 24 bis 30 sind erst nach 1921 erbaut worden, da sie in der damaligen Volkszählung noch nicht aufgeführt sind. Eine interessante Situation ist bei den Hausnummern 13 und 14 des Böhm-Anwesens zu erkennen. Der große Vierseithof #13 ist Mitte des 19. Jahrhunderts im gewissen Sinne als Aussiedlerhof entstanden und ca. 40 Meter aus der ursprünglichen Bebauungslinie vom Dorfplatz weg nach Süden gerückt. Der ehemalige Hof bzw. die Reste sind als #14 und Ausgeding von #13 geführt. Ähnlich könnte die Konstellation beim Schneider #5 mit dem Häusl #9 und auch beim Troger #15 und #16 sein. Belegt ist dieses Aussiedeln z. B. in Ruben, wo der Wuidlhof (#5) früher direkt neben dem Handloshof (#4) war und nach einem Brand ca. 50 Meter weiter westlich neu als massiver Vierseithof aufgebaut wurde. Das sehen wir im nächsten Kapitel deutlicher.

Foto von Lobiesching
Das Foto aus dem Förderkreis-Archiv aus den 1930er-Jahren zeigt aus nördlicher Richtung links den mächtigen Vierseithof der Familie Jani (Zettl mit der #10), davor den Hof der Familie Peraus (Oid Schuster mit der #9), vorne rechts befindet sich das Bohäusl und das Anwesen der Familie Tichatschek (#28). In der Bildmitte rechts ist der Hof der Familie Schneider (Sumerauer mit der #5) und dahinter das Münznerhäusl der Familie Hanslbauer (#29).

Heute ist das ehemalige Lobieschinger Tal, das der Potzener Bach zwischen Schömern und Lobiesching geschaffen hat, zur Mülldeponie für den Abraum aus der Papierfabrik in Wettern umfunktioniert und vom ehemaligen stolzen Bauerndorf kann man am Steinhaufen und dem Marterl bei den verbliebenen Linden noch den ehemaligen Dorfplatz erahnen. Alles andere ist wie so viele andere Dörfer und Häuser dem Erdboden gleichgemacht.

Tal
Die Aufnahme von 2010 zeigt das Tal, das bereits ziemlich mit dem Abraum der Papierfabrik Pötschmühle in Wettern und anscheinend auch Restmüll gefüllt ist. Hoffentlich erleben wir noch die Renaturierung dieser Landschaft.

Edmund Koch, Januar 2021




Weitere Materialien

Volkszählung 1921 in Lobiesching
Hausnr. Besitzer Wohnungsinhaber Beruf Anzahl
1 Gubo Josef Gubo Josef Landwirt 7
2 Prechlig Prechlig Alber Landwirt 7
3 Hanslbauer Hanslbauer Simon Landwirt 8
4 Baier Baier Wenzl Tischler und Nebenerwerb 4
5 Schneider Schneider Barbara Landwirt 3
6 Ziehensack Ziehensack Kaspar Landwirt 6
7 Mühlbäck Mühlbeck Wenzel Arbeiter und Nebenerwerb 2
8 Tichatschek Tichatschek Marie Kleinlandwirtschaft 4
9 Peraus Peraus Johann Kleinlandwirtschaft 3
10 Jany Jany Johann Landwirt 5
11 Neubauer Neubauer Marie Kleinlandwirtschaft 2
12 Bernhard Bernhard Franz Landwirt 5+2
13 Gubo Gubo Johann Landwirt 6
14 Gubo Joh. Gubo Josefia Ausgeding von #13 7
15 Urban Joh. Urban Johann Landwirt 6
16 Maurer J. Maurer Josef Arbeiter und Nebenerwerb 6
17 Kern Kern Johann Arbeiter 2
18 Maurer A. Maurer Anton Arbeiter 5
19 Gubo Franz Gubo Franz Landwirt 9
20 Biebl L. Biebl Lukas Landwirt 3
21 Lausecker Lausecker Wenzel Landwirt und Gastwirt 5
22 Klampfl Klampfl Ferdinand Landwirt 3
23 Urban J. Pöschl Josef Arbeiter 6



Foto von Lobiesching






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