Ottau / Zátoň
TEIL 1: Ottau - eine Pfarrgemeinde im Böhmerwald - erster Überblick
In den nächsten Monaten werden wir in loser Folge über die Geschichte und Daten der Pfarrgemeinde Ottau und der dazugehörigen Ortschaften berichten. Heute starten wir mit einem Überblick über den Ort und die Pfarrei.
Lage des Ortes Ottau
Der Ort und die Pfarrei Ottau befinden sich in der heutigen Tschechischen Republik im südlichen Böhmerwald im Tale der Moldau zwischen Hohenfurth und Krummau. Der Ort heißt auf tschechisch Zátoň. Der deutsche Ortsname Ottau wurde weich als Odau ausgesprochen. Von Ottau sind es ungefähr 20 Kilometer nach Süden zur Grenze nach Österreich. Die nächsten größeren oberösterreichischen Städte sind Freistadt, Bad Leonfelden und Linz. Auf dem Handelsweg von Linz über Hohenfurth ins Böhmische war Ottau bereits im frühen Mittelalter ein wichtiger Handels- und Umschlagplatz zwischen dem Süden und Norden Europas. Das galt sowohl für den Wasserweg auf der Moldau von Hohenfurth bis nach Prag als auch für die Böhmerwaldsteige, die häufig in den Flusstälern angelegt waren.
Geschichte des Ortes
Ottau ist wahrscheinlich eine der ältesten Siedlungen im Böhmerwald. Im Jahre 1037 schenkte Herzog Břetislav I. dem Prager Kloster Ostrov eine Waldstrecke "Zaton" an der Moldau und eine Kapelle, die Johannes dem Täufer geweiht ist. Dr. P. Valentin Schmidt O.Cist. interpretierte 1915 in seiner Abhandlung über die Geschichte der Benediktinerprobstei Ottau die Jahrhunderte alte Urkunde so, dass er die erwähnte Waldstrecke bei Záto? und die Kapelle des Johannes des Täufers örtlich zusammenfasste und in Ottau lokalisierte. Inzwischen gibt es aber auch eine Betrachtung, dass mit der Kapelle des Johannes des Täufers nicht Ottau, sondern St. Johann unter dem Felsen (Svatý Jan pod Skalou) im Naturschutzgebiet český kras
(Böhmischer Karst) bei Beroun gemeint ist. Unterstützt wird diese These dadurch, dass 1517 bei der Auflösung des Klosters Ostrov der Konvent nach St. Johannes unter dem Felsen bei Beroun zog und dort aus der ehemaligen Probstei ein bedeutendes Kloster und einen bekannten Wallfahrtsort aufgebaut hat. Hierzu sind die Forschungen noch nicht abgeschlossen. Es ist aber davon auszugehen, dass Mitte des 11. Jahrhunderts in Ottau ein geistliches Zentrum im Moldautal war, das dem Kloster Ostrov bei Prag zugehörig war.
Im Zuge der Rodung und weiteren Besiedelung des Böhmerwaldes im 11. und 12. Jahrhundert durch deutsche und oberösterreichische Siedler entstanden unter den Witigonen und Rosenberger das heutige UNESCO-Weltkulturerbe Krummau, der Ort Rosenberg mit seiner Burg und das berühmte Kloster Hohenfurth südlich von Ottau an der Moldau. In der Urkunde vom 13. Dezember 1310 bestätigt Papst Clemens V. dem Kloster Ostrov ihre Besitztümer in der Benediktinerprobstei Ottau mit der Zelle in Zátoň, den Dörfern Podole (Unter-Haiming),
Bogdalowicz (Bohdalovice/Podesdorf), Haslowic (Hašlovice/Hoschlowitz), Lusin (Lužná/Luschnee), Doberne (Dobrné/Zistl) und den Kapellen in Phrimburch (Friedberg) und Drahun (Kienberg) und stellte diese unter päpstlichen Schutz.
Um 1450 übernahmen die expandierenden Rosenberger nach heftigen Streitereien mit dem Kloster Ostrov den Ort und den Besitz Ottau (urkundlich 1483 bestätigt). Der jetzige spätgotische Kirchenbau mit Chor und Langhaus wurde gegen 1510 auf alten Resten der Kapelle bzw. der Probstei errichtet und zählt neben St. Veit in Krummau zu den bedeutendsten Bauwerken der Krummauer Bauhütte.
Ab 1850 bildete Ottau einen Ortsteil der Gemeinde Hoschlowitz/Hašlovice im Bezirk Krumau und hatte ca. 50 Einwohner. Nach der Gründung der Tschechoslowakei 1918 erhielt Ottau die amtliche tschechische Ortsbezeichnung Zátoň. Damals gab es in Zátoň die Kirche und den Pfarrhof als das geistliche Zentrum für 15 Dörfer und Weiler der Umgebung. Daneben war Ottau auch der Schulort und eine deutsche und später auch eine böhmische/tschechische Schule. Zur Versorgung der Bevölkerung verfügte der Ort über zwei Gaststätten und ein Kolonialwarengeschäft.
Nach dem Münchner Abkommen gehörte Zátoň/Ottau 1938 bis 1945 zum Landkreis Krummau an der Moldau im Reichsgau Oberdonau. Als Folge des Zweiten Weltkriegs erfolgte 1945/1946 die Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung und damit fast die komplette Entvölkerung dieses Landstriches. Heute leben weniger als 20 Personen in Ottau. Heute ist es ein Ortsteil der Stadt Wettern (Větřní).
Auf dem Luftbild sehen wir in der Mitte das dunkelblaue Band der Moldau, die von links (Süden) kommend an Ottau vorbei nach rechts (Norden) in Richtung Wettern fließt. Am oberen Bildrand führt die Straße von Rosenberg nach Krummau vorbei. Ottau (Zátoň) ist der Umfang am rechten Ufer (auf dem Foto unterhalb) der Moldau. Die Bebauung oberhalb (westlich) der Moldau bildet die Gemeinde Ebenau (tschechisch: Zátoňské Dvory). Dominant sehen wir die Kirche St. Johannes Enthauptung und daneben den beeindruckenden Gebäudekomplex des ehemaligen Pfarrhofes und des späteren Hotels Fara, das leider schon seit Jahren geschlossen ist. Rechts neben der Kirche steht das ehemalige deutsche Schulhaus, das auch schon seit Jahren unbenutzt ist und dringend einen Investor braucht.
Geschichte der Pfarrei
Ottau selbst war ein kleiner Ort, aber durch die berühmte Pfarrkirche, die am hohen rechten Ufer der Moldau von weiten sichtbar ist, hatte die Ortschaft als Pfarrort und Schulort eine große Bedeutung im Moldautal.
Zur Kirchengemeinde Ottau gehörten bis 1946 die 15 Ortschaften: Ottau und die Zwillingsgemeinde Ebenau auf dem linken Moldau-Ufer, Stubau mit dem Dürrnhof, Lobiesching, Ruben, Schömern mit der Ziehensackmühle, Zistl und Luschnee (beide bis 1937), Hoschlowitz, Pramles, Hochdorf, Krobsdorf, Wieles, Stömnitz und Ziering, die sich im Tal und auf den beiden Uferanhöhen befanden. Zum Zeitpunkt der Vertreibung hatte die Pfarrei 1400 Seelen, die fast alle deutscher Abstammung waren. Einige der Dörfer sind im Zuge der Vertreibung nach 1946 gesprengt worden bzw. verfallen und lassen die Schönheit des bewohnten Böhmerwaldes nur noch erahnen. Nach der sanften Revolution wurde der Pfarrhof von einem Privatinvestor saniert und in das Hotel Fara umgewandelt. Leider ist das Haus seit Jahren geschlossen. Die Kirchenrenovierung wird seit 1991 durch die Pfarrgemeinschaft Ottau und seit 2001 durch den Förderkreis "Kirche St. Johannes Enthauptung" getrieben. Das Foto von 1995 zeigt die Kirche noch in einem etwas bedauernswerten Zustand. Einzig die Friedhofsmauer leuchtet frisch getüncht.
Edmund Koch
--- © Förderkreis Kirche St. Johannes Enthauptung e.V. 2021 ---